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„Nun folgt das 1649ste Jahr, welches wohl
bei all unseren Nachkommenden
für das allerglücklichste Jahr gehalten werden wird,
denn in diesem Jahr hat uns Gott, der Allmächtige,
unsere Kirchen wiederum geöffnet,
unser Leid in Freude verwandelt und
uns hierdurch einen solch unbegreiflichen Schatz geschenkt,
daß dadurch alle vorher durch den Krieg
erlittenen Schäden wohl zu vergessen sind!“

Die Schweden vertrieben vor ihrem endgültigen Abzug noch den katholischen Pfarrer. Der Markgraf machte sich zum Schutzherrn des von seinem Territorium umschlossenen Marktes. Der Kaiser beharrte zwar auf seinem Recht, wie in Eger auch im Markt die Konfession zu bestimmen, doch er konnte es nach 1653 nicht mehr durchsetzen. Leopold verkündete 1649 stolz vor den Fürsten des Reiches, dass noch alle Mitbürger protestantisch wären.

Die Redwitzer Bürger hatten neun Jahrzehnte ihre Kirche selbst gelenkt. Die Rechtgläubigkeit ihrer Kirchendiener ließen sie von Universitäten untersuchen. Nach 20 Jahren der schlimmsten Prüfungen im Krieg gelang den Bürgern 1649 noch mal eine Reformation von unten. Danach gaben Pfarrer und Räte die weitgehende Selbständigkeit ihrer Kirche auf. Der erste Schritt der Unterwerfung unter die Obrigkeiten in Bayreuth war zu Bürgermeister Georg Leopolds Zeiten, dass der Rat markgräfliche Kirchendiener auswählte, als ersten Georgs Neffen Stephan Leopold (1649 – 1670), später seinen Sohn Johann Georg Leopold (1670 – 1701). Der zweite war, dass das Konsistorium in Bayreuth die Pfarrer auf Rechtgläubigkeit examinieren und ordinieren durfte.8
Die Anlehnung an den Markgrafen war nötig, weil er der einzige protestantische Beschützer sein konnte. (Auch der katholische Kurfürst von Bayern beanspruchte, Schutzherr zu sein.) Allerdings nahm der Markgraf dann den Pfarrer persönlich in seinen Schutz und ernannte ihn zum Inspektor (der Schulen) – dadurch wurde der erste Kirchendiener des egerischen Marktes ein Ausländer und Untergebener der Bayreuther Kirchenführung.9
Zum Einzugsbereich der Bartholomäuskirche gehörten die Dörfer der Umgebung. Die Entlohnung von Lehrern und Geistlichen erfolgte sowieso großteils durch Gemeindemitglieder aus dem markgräflichen Ausland. Im Krieg war aber auch in Oberredwitz10 und Brand11 gepredigt worden. Die Herren dieser Orte hätten das nach dem Krieg gerne fortgesetzt, wodurch die Gemeinde Redwitz auseinandergebrochen wäre. Das Gotteshaus hätte einen Großteil seiner Einkünfte und Gottesdienstbesucher verloren (und der Markt seine Sonntagskunden). Den drei Leopolds der 1670er Jahre – Bürgermeister, Pfarrer und Kaplan – gelang es aber, die Gemeinde zu erhalten, indem sie mehr Kirchendiener besolden, die auch in den Dörfern die Seelsorge verstärkten. Sie renovierten nach dem Krieg die Kirche und errichteten in ihrem Umfeld neue Wohngebäude, Brunnen, einen Friedhof und Platz. (Siehe im Kapitel zu Georg Leopolds politischen Leitlinien.) Bereits damals sprach man davon, dass das „Predig-Ampt […] ůber hundert Jahr von denen Leopolden versehen“ worden sei, die anderen Prediger waren im kollektiven Gedächtnis verschwunden.12

Die Schulen unterstanden organisatorisch auch dem Gotteshaus. Vor dem Dreißigjährigen Krieg hatte Redwitz bereits Häuser für die einführende „Teutsche“ und die Lateinschule. Auf die Berufung guter Lehrer wurde hoher Wert gelegt, die Schulmeister, Praeceptoren, Kantoren und Organisten verfügten oft über ein Universitätsstudium. Die Gläubigen in der Markgrafschaft trugen maßgeblich zur Besoldung dieser Kirchendiener bei. Im Krieg ersetzten die Lehrer oft die Prediger. In den schwierigen Kriegsjahren konnte der Magistrat den regulären Schulbetrieb nicht aufrecht erhalten, weil die Gegenreformatoren die Schulen wenn möglich schlossen oder katholische Lehrer einsetzten. Manche Eltern sandten ihre Kinder nach Oberredwitz, Brand und Dörflas, doch dadurch konnte die Qualität des Unterrichts nicht aufrecht erhalten werden. 1649 wurde der eine katholische Lehrer wieder aus den innerstädtischen Schulen herausgedrängt und durch mehrere evangelische ersetzt.13 1654 mussten auch die Dörfer Pfaffenreuth und Manzenberg einen eigenen Schulmeister anstellen.14 Eigentlich war das Gotteshaus der Träger der Schule, aber 1655 finanzierte das Rathaus zwei wichtige Maßnahmen. Zum einen förderte es eine Schulkomödie – weil Schauspiel galt als charakterbildend – ohne dass die Eintritte die erhofften Spenden erbrachten. Zum anderen senkte der Rat die Schulgebühren von 9 auf 6 Kreuzer und entschädigte den Lehrer für seine Verluste. Nach 1658 wurde verstärkt versucht, nicht nur die Kinder der Besitzenden sondern auch die der kleinen Handwerker und Bauern in die Schule zu bringen. Selbst wenn sie kein Rechnen, Schreiben, Singen, Lesen und Rechnen für ihre Berufe brauchten, das wichtigste Fach – Gottesfurcht – wäre der beste Grund zum Schulbesuch. Entsprechend finanzierte der Rat 1662 ein Haus für eine Mädchenschule, die das Gotteshaus tragen würde.15 Schulpolitik stand aber nicht unter dem Primat der Geistesbildung sondern der „Policey“, der Disziplinierung. [Dekoration: für diese Pfarrerliste nehmen wir ein historisches Dokument aus dem Archiv Eger, Marktredwitz oder Bamberg]

Protestantische Pfarrer – das Hirtenamt der Leopold

Dr. Adam Schmucker (1560 – 1574)
Mag. Johann Hagen (1575 – 1596)
Johann Georg Leopold (1596 – 1620)
Mag. Christoph Leopold (1620 – 1628)
Stephan Leopold (1649 – 1670)
Johann Georg Leopold d. Ä. (1670 – 1701)
Georg Samuel Martius (1701 – 1740)
Johann Georg Leopold d. J. (1740 – 1745)

Fußnote

1 Leopold: Chronik Bd. I, S. 7
2 Leopold: Chronik Bd. I, S. 90
3 Leopold: Chronik Bd. I, S. 71
4 Leopold: Chronik Bd. I, S. 197, 233; Eine Übersicht über die Pfarrer findet sich (online) über: Holle, Johann Wilhelm: Das Fürstentum Bayreuth im Dreißigjährigen Krieg, in: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken, Bd. 4.1, Bayreuth 1848, S. 18 – 23, 29, 43, 55, bes. 22.
5 Leopold: Chronik Bd. I, S. 75 – 77
6 Georg Leopold predigt auf jeder Seite seiner Chronik. Andere Hausväter waren wirklich fähig Andachten in der Kirche zu leiten, wie der Gerichtsschreiber und spätere Bürgermeister Sebastian Schmidt. Vgl.: Leopold: Chronik Bd. I, S. 136 f., 159.
7 Leopold: Chronik Bd. I, S. 140 f.
8 Hemmerle: Übergang, S. 119
9 Leopold: Chronik Bd. II, S.114 – 120
10 1638 erste Predigt in Oberredwitz. Vergl.: Leopold: Chronik Bd. I, S. 97
11 Leopold: Chronik Bd. I, S. 90, 97 – 100, 190 f.; Leopold: Chronik Bd. II, S. 135 f. Brand bekam zwar 1655 einen eigenen Pfarrer und Friedhof, aber keine Pfarre. 12 Leopold: Serium pii hominis, S. 4
13 Leopold: Chronik Bd. II, S. 6, 16 f., 80
14 Leopold: Chronik Bd. II, S. 130
15 Leopold: Chronik Bd. II, S. 155 – 162. Zur Schulpolitik siehe weiter: Bd. I 87 f., 96 – 98, Leopold: Chronik Bd. II, S. 139, 6, 172 f., 196

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Überblick

1560 bis 1628 waren die Redwitzer evangelisch.
Die Rekatholisierung danach fasste aber nicht Fuß.
1649 wurden die Bürger wieder evangelisch.
Die Leopolds stellten die meisten Geistlichen.